Freitag, 20. Juli 2012

LERNORT: Floriade in Venlo - mehr als eine Gartenschau

Die Floriade im niederländischen Venlo - nur 50 km von Duisburg entfernt - präsentiert sich mehr als nur eine Gartenbauausstellung mit internationalem Flair
(bis 7. Oktober 2012).
Hier wird das Verhältnis von Natur, Innovation und Besinnung in vielfältiger Weise angesprochen.

Bei den Arrangements für den Park wurden möglichst viele nachhaltige Materialien und Produkte verwendet. Die Sonne mit ihrer Kraft bildet den innovativen Horizont der gesamten Gestaltung, besonders durch maximale Nutzung nachhaltiger Energie.

In fünf Themenbereichen, die durch kleine Waldstücke voneinander getrennt sind, können sich Jung und Alt einlassen auf:
  1. "Relax & Heal" - Entspannen und Heilen - durch die Kraft der Pflanzen und ihre erholsamen Wirkungen. Sie lassen die Bedeutung des Gartens für Leib, Seele und Geist erleben (Liegemöglichkeiten, energisiertes Wasser).
  2. "Green Engine" = Grüner Motor als innovativer Anstoß, das Leben des Einzelnen und der Gesellschaft zu gestalten und die Technik in ökologisch verantwortlicher Weise zu entwickeln (mit Video-Installationen in den einzelnen Pavillons).
  3. "Education and Innovation" - Bildung und Innovation: Die Floriade als Lernfeld mit vielen Möglichkeiten aktiver Mitgestaltung in den Pavillons und im Freigelände (z.B. mit den Augen von Tieren sehen).
  4. "Environment": Umwelt in ihrer Vielfältigkeit und Leben erhaltenden Qualität verbessern und entdecken, wie der Einzelne selbst beginnen kann (Barfußpfad)
  5. Die "World Show Stage": In der offenen Veranstaltungsarena an einem kleinen See lässt sich Kulturelles erleben und Natur feiern.
Durch diese Begegnungen geschieht noch mehr: Die Nationen-Pavillons - besonders der außereuropäischen Länder - geben Anregungen zu veränderten kulturellen und religiösen Sichtweisen
(vgl. z.B. das Modell des Borobudur-Tempels im indonesischen Pavillon).
Meditatives spielt an mehreren Stellen in den einzelnen Gärten  eine erstaunliche Rolle. Hier verbindet sich aufmerksames Erleben mit fremden Kulturen und anderen Religionen, die alle miteinander die Achtung vor der Natur als wesentlich ansehen. Eine neue Lernerfahrung bietet der Keltische Baumkreis mit Spalierobstbäumen und "Schulbänken", um sich vielleicht mit Baumeigenschaften zu identifizieren.

In diesem Zusammenhang sei auf eine besondere Aktion des "Willowman" Will Beckers hingewiesen, der in einem mit Kiefern bestandenen Waldstück der Floriade zusammen mit Kindern ein "Naturdorf" der besonderen Art entstehen lässt. Er nimmt damit auf seine Weise das Motto Albert Schweitzers "Ehrfurcht vor dem Leben" aktualisierend auf.
Die vielen an die Weidenhöhlen und Weidenbäume angehefteten Wünsche der Kinder verraten, dass sie sich eine Zukunft erhoffen, in der Natur und Mensch als Versöhnte den Samen für eine bessere Welt legen und damit den Paradiesgarten wieder in den Bereich des Möglichen rücken.

 

Zur besseren Einprägung kann man mit der Seilbahn über das Gelände "fliegen" und die Vielfalt der Eindrücke für sich genießen.

Es lohnt sich, mindestens einen Tag, in die Geschehnisse auf der Floriade  einzutauchen. Gerade Kinder werden in allen Bereichen besonders angesprochen.

Details zu Anfahrt, Öffnungszeiten, Preisen und kulturellen Veranstaltungen: hier

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Samstag, 7. Juli 2012

LERNORT Xanten: Zeitreise zu den Römern am Niederrhein

Xanten - zur Römerzeit Colonia Ulpia Traiana - ist eine einzigartige römische Ausgrabungs- und Rekonstruktionsstätte. Denn diese römische Stadt mit mehr als 10.000 Einwohnern und einem Legionslager  im 2. Jh. n. Chr. ist nie überbaut worden. Sie liegt heute unmittelbar am Stadtrand von Xanten.
Der auf dem Gelände eingerichtete Park bietet fast originale Begegnungen mit einer vergangenen Epoche:

Es lohnt sich, einen Tag in die römische Antike einzutauchen und die Zusammenhänge damaliger Riten und Lebensstile mit den unseren zu vergleichen! Ob man/frau gern damals in Xanten gelebt hätte?


Die Zufahrt zum Parkplatz des Archäologieparks führt übrigens am "Lavendel-Kreisel" mit dem gebrochenen Tor der Nibelungen vorbei.
Dies hat der vom Niederrhein stammende zeitgenössische Künstler,  
Christoph Wilmsen-Wiegmann gestaltet.
Dieser Kreisel verbindet die antike Stadt mit dem alten (römischen) Gräberfeld, auf dem im Mittelalter der Xantener Dom errichtet wurde.

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Freitag, 6. Juli 2012

Ist Jungen-Beschneidung Körperverletzung?

Das Landgericht Köln hat mit seinem Urteil vom 26.06.2012 Juden und Muslime gleichermaßen gegen sich aufgebracht. Die Richter betrachten die in diesen beiden Religionen beheimateten Riten der Vorhautbeschneidung bei Jungen als eine strafbare Körperverletzung. Juden und Muslime fühlen sich durch diesen Richterspruch in ihrer Religionsfreiheit "beschnitten", denn mit welcher Autorität kann ein Gericht dies beurteilen? Im Blick auf die Körperverletzung wären doch wohl eher Mediziner zu fragen.
Vgl. dazu die Beurteilung eines Arztes zur Jungenbeschneidung

Es sei übrigens daran erinnert:
Der Stifter des Christentums, der Jude Jesus von Nazareth, wurde natürlich beschnitten (Lukas 2,21-24). Der erste Theologe des Christentums, der ehemalige Pharisäer Paulus, war ebenso ein Beschnittener, der jedoch die Beschneidung für Heidenchristen für unnötig erachtete, weil die Beschneidung des Herzens genüge (Römer 2,25 / Galater 5,6).


"Die World Union for Progressive Judaism, die 1,8 Millionen Juden in 45 Ländern und 1.200 Gemeinden auf sechs Kontinenten weltweit vertritt, drückt ihr Entsetzen und ihre Empörung über die jüngste Entscheidung eines deutschen Gerichts aus, die die Praxis der Beschneidung aus religiösen Gründen gesetzlich verbietet. Seit der Herrschaft des assyrisch-griechischen Königs Antiochius Epiphanes um 165 v.d.Z. haben zahlreiche Regierungen den Bann über die Beschneidung ausgesprochen im Versuch, die jüdische Religionspraxis auszulöschen oder zu delegitimieren. Der Umstand, daß nicht einmal 70 Jahre nach dem Holocaust Deutschland sich in diese unheilige Allianz einreiht, ist schlicht erschreckend. 
 Die Vorstellung, daß Eltern nicht das Recht dazu haben, ihre Kinder in die heiligen Riten ihrer jeweiligen Religionen einzuführen, ist ein Affront gegenüber der Freiheit des Menschen. Dies umso mehr, wenn eine religiöse Praxis dem Kind nachweislich signifikante gesundheitliche Vorteile verschafft.
Die Gesundheit, der sich viele Millionen beschnittener Juden seit jeher erfreuen, macht das gerichtliche Argument absurd, wonach die Beschneidung irreparable körperliche Schäden anrichtet ... Seit 4000 Jahren ist die männliche Beschneidung ein wesentlicher Bestandteil unseres Bundes mit dem Ewigen. Wir bitten die Gerichte und die Regierung Deutschlands eindringlich, diese Entscheidung zügig wieder rückgängig zu machen und damit die fundamentale Bedrohung, die sie für die Grundfesten unserer religiösen Überzeugungen darstellt."

Dienstag, 3. Juli 2012

Der "Engel der Kulturen" in Lüdenscheid

Im Rahmen des gut besuchten 1. Kirchenkeistages am 1. Juli 2012 im sauerländischen Lüdenscheid brachten die Künstler Carmen Dietrich und Gregor Merten den großen Radengel auf den "Markt der Möglichkeiten".  Vom Stand des "Interreligiösen Forums Lüdenscheid" auf dem Rathausplatz rollte der Engel in der Mittagszeit mit einer kleinen Prozession durch die Altstadtstraßen zu einem katholischen Gemeindehaus in der Nähe.

In einer Podiumsdiskussion mit etwa 40 interessierten BesucherInnen wurden die Gemeinsamkeiten der Engelsymbolik mit anderen Religionen herausgestellt, zugleich aber auch die Problematik von Absolutheitsansprüchen angesoprochen.

Die Initiatoren stellten dabei nicht nur Erfahrungen mit ihrem Projekt in einer Bilderschau vor, sondern machten auch deutlich, dass angesichts vieler gesellschaftlicher Spannungen und zunehmendem Rechtsextremismus dieser interreligiöse Engel positive Zeichen des Ausgleichs und der Entspannung setzen kann. Das zeigten bereits die Begegnungen in vielen Städten Deutschlands, aber auch auf dem Balkan und in Istanbul.
Am Nachmittag hatten dann die BesucherInnen die Möglichkeit, aus 50-Cent-Münzen ihr eigenes "Engel-Geld" zu prägen.

Die Sprache von Salz und Stein

Der niederrheinische Bildhauer
Christoph Wilmsen-Wiegmann hat in der evangelisch-reformierten Kirche Xanten eine temporäre Skulptur erstellt: Salz und Stein.
Er ließ achtsam 1000 kg Salz aus dem nahen Bergwerk Rheinberg-Borth auf einen schwarzen skandinavischen Granitwürfel rieseln. So entstanden - von oben gesehen - geometrische Grundformen
Pyramide als Symbol des Himmels,
das Kreuz als Stützkoordinaten der Welt.

Über der Installation die Kanzel, so dass Predigtort und Skulptur die Formulierung der Bergpredigt ins Gedächtnis rufen. Dort sagt Jesus zu den Versammelten: "Ihr seid das Salz der Erde" (Mt 5,13). Der Künstler verwandelt den Text in: "Der Stein ist das Salz der Erde". So verschmelzen im Fließen des Salzes und in der Stabilität des Steins das Harte und Weiche miteinander - auf Zeit!
Diese Aktion wird vielen in Erinnerung bleiben, weil die Finissage das Schauen mit dem Hören von Barockmusik intensivierte. Am 1. Juli endete diese Kunstaktion mit einem Gottesdienst, bei dem die BesucherInnen Teile des Salzes in ihre Häuser trugen.

Weitere Bilder auf der Homepage des Künstlers: hier