Mittwoch, 23. Oktober 2019

Europa und mehr - multikulturelle Entdeckungen auf der Frankfurter Buchmesse 2019


Bücher, Bücher - im Norwegenpavillon
Die 71. Frankfurter Buchmesse vom 16.-20. Oktober 2019 sah sich an der Schnittstelle fundamentaler Veränderungen, die eine gemeinsame Verantwortung erfordern. Neben den einzelnen Verlagsständen in ihrer globalen Vielfalt spielten natürlich das Gastland NORWEGEN sowie die Podien an verschiedenen Orten auf dem Messegelände eine wichtige Rolle.
Der Ehrengast präsentierte sich unter dem Motto Norway - "The dream we carry"
und verdeutlichte dies besonders im Norwegen-Pavillon, am großen Verlagsstand in Halle 5.0. und durch weitere Buchpräsentationen.
Die Fülle der Buchpräsentationen, Gespräche mit den anwesenden AutorInnen sowie vielen Aktionen und Foren nötigte zu einer Auswahl bei den Rundgängen durch die Hallen und auf der Agora.  

Die Welt in Frankfurt zu Gast
Um zu signalisieren, wie bedeutsam kulturelle, religiöse und politische Entwicklungen innerhalb einzelner Regionen unserer Welt das geistige Weltklima verändern und wie Politik in Europa dabei eine entscheidende Rolle spielt, seien zwei Podiumsveranstatungen besonders herausgegriffen:

1. Ach Europa!  Die blaue Stunde auf dem Blauen Sofa des ZDF
Die Moderatorin Marie Segenschneider brachte zwei Schriftstellerinnern, eine Literaturhistorikerin  und einen Korrespondenten ins Gespräch. Sie hatten durch ihre Bücher das Thema unter ihren jeweiligen Schwerpunkte bereits kompetent und auch klar positioniert angesprochen:



Walburga Hülk, Romanistikprofessorin an der Universität Siegen: 
Der Rausch der Jahre. Als Paris die Moderne erfand. 
Hamburg: Hoffmann und Campe 2019, 416 S. --- 
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Ulrich Ladurner,  italienischer Journalist aus Südtirol: Der Fall Italien.
Hamburg: Körber-Stiftung 2019, 232 S.
Rezensionsnotiz bei "Perlentaucher" >>>



Emilia Smechowski, polnische Autorin und Reporterin, die mit ihrer Familie
1988 nach Westberlin floh: Rückkehr nach Polen. Expeditionen in mein Heimatland
München: Hanser 2019, 256 S. --- 
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Ulrike Guérot, Politikwissenschaftlerin und Journalistin, Professorin für Europapolitik
und Demokratieforschung an der Donau-Universität Krems: 
Was ist Nation?
Göttingen: Steidl Books 2019 --- 
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Versucht man zusammenzufassen, was eine Stunde lang intensiv diskutiert und auch gestritten wurde, so zeigte sich, dass die Republik Europa auf der Basis des bisher Erreichten im Sinne der europäischen Union unbedingt weiter ausgebaut und vertieft werden müsste. Allerdings: Die Chancen stehen nicht besonders gut, obwohl die Erfolge im Rahmen der Europäischen Union nicht klein geredet werden sollten. Angesichts der vielen Unklarheiten und zweifelhaften Polemiken zum Verständnis von Nation, Volk, Identität lassen sich vielleicht doch noch einige kluge Hoffnungsschneisen schlagen.


2. Was macht die Religion in der Außenpolitik?
What Is Religion Doing in Foreign Policy?

Von links nach rechts: Claudia Zilla, Astrid Prange De Oliveira, Heinrich Wilhelm Schäfer

Die Zusammensetzung des Podiums ließ bereits spannende Einblicke erwarten: 
  • Dr. Claudia Zilla, aus Argentinien stammend, Politikwissenschaftlerin, Leiterin der Forschungsgruppe "Amerika" bei der Stiftung Wissenschaft und Politik
  • Astrid Prange De Oliveira, Journalistin, Leiterin der brasilianischen Redaktion der Deutschen Welle. Sie war von 1989-1996 taz-Korrespondentin in Rio de Janeiro. 
  • Prof. Dr. Heinrich Wilhelm Schäfer, ev. Theologe und Religionssoziologe
    (Universität Bielefeld)
     
Die einzelnen Beiträge kreisten um die sich ausbreitenden evangelikalen, z.T. extrem fundamentalistischen und charismatischen Bewegungen. Sie gewinnen zunehmend Einfluss in die Politik lateinamerikanischer Länder, zusätzlich durch die derzeitige USA-Regierung weiter verstärkt. Das gilt nicht nur für Brasilien. Dort ist diese Tendenz aber besonders auffällig, weil sie vom brasilianischen Präsidenten Bolsonara gestützt werden. Dies hat zerstörerische Konsequenzen gerade für die indigenen Völker, die durch die Missionierung aus ihrer Kultur und Heimat-Identität herausgerissen werden. Hier müssen die vor Ort agierenden deutschen Kulturinstitutionen besonders achtsam und sensibel sein, um sich nicht vor den Wagen dieser einflussreichen Gruppierungen spannen zu lassen. Wie ein Gegenmodell kann darum das laizistisch organisierte Mexiko angesehen werden (besonders seit 1992), das religiös-fundamentalistische Einflussnahmen in die Politik recht gut erkennen und ausbremsen kann.

Aktuell: Zwei evangelikale Pastoren auf der Amazonien-Synode im Vatikan:
Evangelikale und Katholiken in Amazonien: Dialog unmöglich?

Évangeliques et catholiques an Amazonie: le dialogue impossible?
Mélinée Le Priol in La Croix vom 22.10.2019


Balkan-Literatur: Kroatien und Slowenien

Geht man mit wachen Augen sowohl durch die Hallen mit den deutschsprachigen Büchern und Medien als auch durch die Präsentationen der ausländischen Verlage und Stände der einzelnen Länder Europas, Amerikas und Asiens, dann wird deutlich, wie eng auch die Buch- und Medienlandschaft miteinander verbunden ist. Vom arabisch geprägten Nordafrika abgesehen, bleibt der afrikanische Kontinent allerdings weiter im Schatten der Buchmesse.
Vgl. Einladungen an afrikanische Verlage >>>





Übersetzt von Jutta Himmelreich, Gudrun Honke und Michael Kegler
Imagine Africa 2060
Geschichten zur Zukunft eines Kontinents
CC






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